22.11.201Erst müssen sich andere bewegen
Klimapolitik in Neuseeland und Australien
Neuseeland verkauft sich als das unberührte Paradies am Ende der Welt. Doch auf der grünen Insel werden in Rekordtempo Wälder abgeholzt. Und Nachbar Australien ist pro Kopf der Weltmeister im Kohlendioxidausstoß. Beide Klimasünder warten ab, wann andere Staaten handeln.
Es gab Proteste bis zuletzt. Tausende Demonstranten forderten: "Kein Schadstoffgeschachere in Neuseeland". Doch da waren die Details für einen Emissionshandel längst beschlossene Sache. Der Preis für eine Tonne CO2 wurde von der Regierung auf umgerechnet zehn Euro festgelegt. Gedacht als Ansporn für Luftverpester Wälder aufzuforsten, mehr in alternative Energien zu investieren und Energie zu sparen. Doch Kritikern geht der Plan nicht annähernd weit genug. Wissenschaftler, Umweltgruppen und Wirtschaftsfachleute bemängeln: Großverschmutzer würden praktisch subventioniert und der kleine Mann zahle, durch höhere Benzin- und Strompreise, die Zeche.
"52 Prozent der Kosten tragen Haushalte, obwohl sie nur für 19 Prozent aller Schadstoffe verantwortlich sind",
rechnet Ökonom Simon Terry vor.
"Wenn wir den Groß-, den Einzelhandel und den Transportsektor dazu nehmen, dann fallen 90 Prozent der Kosten für die Neuseeländer an, die nur 30 Prozent der Emissionen verursachen."
Spinatgrüne Weiden, kristallklare Seen und schneebedeckte Gipfel: Neuseeland verkauft sich als unberührtes Paradies am Ende der Welt. Doch es wird dort heute dreimal mehr Kohle zur Energiegewinnung verbrannt, als noch vor zehn Jahren, Wälder werden im Rekordtempo gerodet. In Kyoto hat sich die Regierung dazu verpflichtet den Schadstoffausstoß Neuseelands um 25 Prozent zu verringern. Doch nicht jeder muss mitmachen. Die neuseeländische Landwirtschaft ist für die Hälfte aller Treibhausgase im Land verantwortlich, doch der Farmsektor ist mindestens für fünf Jahre vom Emissionshandel ausgeschlossen. Mehrkosten für die neuseeländischen Verbraucher: pro Kopf, jährlich 120 Euro.
"Beim Klimawandel gibt es nun einmal nichts umsonst. Wenn wir unseren Schadstoffausstoß verringern wollen, dann müssen wir auch dafür bezahlen",
sagt Umweltminister Nick Smith.
"Wir werden unsere Auflagen erst dann verschärfen, wenn auch andere Länder einen Emissionshandel einführen. Wir sind nur eine kleine Nation, wir wollen nicht der Trendsetter der ganzen Welt sein."
Mit "anderen Ländern", die - wie Neuseeland - auch eine Ökosteuer haben sollten, ist vor allem Nachbar Australien gemeint: Nach der Einwohnerzahl gerechnet der Weltmeister im Kohlendioxidausstoß. Australiens Labor-Regierung war kurz davor eine CO2-Steuer einzuführen - doch nach dem Scheitern der Klimakonferenz von Kopenhagen begann man sich zu fragen: Treibhausgase sind ein globales Problem, aber wenn sich nicht einmal die USA oder China an verbindliche Schadstoffgrenzen halten wollen, warum dann Australien, das weltweit für nur etwas über ein Prozent aller CO2-Schadstoffe verantwortlich ist? Erst wurde der geplante Emissionshandel fallen gelassen und dann Premier Kevin Rudd. Bei den Wahlen, unter der neuen Parteichefin Julia Gillard, blieb Labor nur hauchdünn an der Macht. Dank der Unterstützung der Grünen. Die fordern jetzt im Gegenzug beim Klimawandel endlich Nägel mit Köpfen zu machen.
"Der Klimawandel gefährdet Australiens Wirtschaft. Deshalb müssen wir die Großverschmutzer mit einer CO2-Steuer belegen, denn sie sind der Grund für unsere Umweltprobleme",
meint Grünen-Chef Bob Brown.
"Wir werden nicht locker lassen, bis wir - so bald wie möglich - handeln und einen Preis für Treibhausgase festlegen."
Überschwemmungen, Buschfeuer und jahrelange Dürreperioden: Australien lebt längst mit den Folgen der Klimaerwärmung. Laut Umfragen halten neun von zehn Australiern den Klimawandel für eine größere Bedrohung als Terrorismus.
"Premierministerin Gillard hat jetzt ein unabhängiges Gremium gebildet, das bis Mitte nächsten Jahres den besten Weg für ein umweltfreundlicheres Australien finden soll. Ob mit einem Emissionshandel, einer CO2- oder einer Ökosteuer - das ist völlig offen. Eines aber steht fest: Die boomende, australische Rohstoff-Wirtschaft wird ihren Gürtel enger schnallen müssen. Denn nichts zu unternehmen würde Australien noch teuerer zu stehen kommen."