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Vorsicht Diabetis

Nachdem Frankreich bereits am Donnerstag ein Diabetesmittel wegen Krebsverdachts vom Markt genommen hatte, zogen die deutschen Behörden am Freitag nach. Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn empfahl, die Zulassung für das Präparat ruhen zu lassen, bis mehr Klarheit herrsche. Der Wirkstoff Pioglitazon steht unter Verdacht, bei Männern das Blasenkrebsrisiko zu erhöhen, hatte die Französische Agentur zur Sicherung von Gesundheitsprodukten (AFSSAPS) mitgeteilt. Hintergrund der Entscheidung war eine umfassende Studie.

"Nach einer ersten Einschätzung der Ergebnisse kann nicht ausgeschlossen werden, dass Pioglitazon das Risiko für Blasenkrebs erhöht", berichtete das BfArM. Ärzte sollten derzeit neuen Patienten kein Pioglitazon verschreiben. Diabeteiker, die zurzeit ein pioglitazonhaltiges Arzneimittel einnehmen, sollten die Einnahme jedoch nicht eigenmächtig absetzen, ohne dies zuvor mit ihrem behandelnden Arzt zu besprechen. Sonst könnte der Blutzuckerspiegel unkontrolliert ansteigen.

Die Mittel waren große Umsatzbringer

Bei der Studie, auf die sich die französischen Behörden berufen, hatten die Forscher untersucht, wie häufig Blasenkrebs vorkommt bei Diabetikern, die mit Pioglitazon behandelt wurden. Diese Gruppe umfasste 155.535 Personen. Als Vergleichsgruppe wählten die Wissenschaftler 1,3 Millionen Diabetiker, die dieses Mittel nicht bekommen hatten. Das Erkrankungsrisiko in der ersten Gruppe war um rund 20 Prozent höher.

Der Wirkstoff wird zur Behandlung von Typ-2-Diabetes - umgangssprachlich Altersdiabetes genannt - eingesetzt. Er macht die Körperzellen wieder empfindlicher für Insulin. In der Folge ist weniger Insulin nötig, um Zucker aus der Nahrung in die Zellen zu schaffen, der Blutzuckerspiegel sinkt.

Hersteller der beiden Medikamente Actos und Competact, die den Wirkstoff Pioglitazon enthalten, ist der größte japanische Pharmakonzern Takeda. Das Unternehmen machte im vergangenen Jahr mit den Präparaten, die diesen Wirkstoff enthielten, einen Umsatz in Höhe von 387,9 Milliarden Yen (etwa 3,4 Milliarden Euro). Die deutsche Tochter Takeda Pharma GmbH hat ihren Sitz in Aachen.

Mögliches Risiko schon seit 2000 bekannt

Takeda-Manager Robert Spanheimer, der für den Bereich Medizin und Wissenschaft zuständig ist, erklärte, das Unternehmen haben noch keine Zeit gehabt, die französische Studie und ihre Ergebnisse zu prüfen. Andere Tests hätten bislang aber keine Gefahr von Blasenkrebs oder andere Krebsarten bei einer Behandlung mit Actos gezeigt. Dies gelte auch für zwei noch laufende Tests.

Actos ist seit 2000 in Europa zugelassen, Competact seit 2006. Allein in Frankreich wurden zuletzt rund 230.000 Patienten mit dem Präparat behandelt. Schon seit der Zulassung gab es Diskussionen über ein mögliches Risiko für Blasenkrebs, nachdem dies in Tierstudien an männlichen Ratten beobachtet wurde. Im März hatte die europäische Arzneimittelbehörde EMA mitgeteilt, das Präparat genauer unter die Lupe zu nehmen.

Der Medikamentenausschuss der Behörde wird sich auf seiner Tagung vom 20. bis 23. Juni mit Actos beschäftigen. In den USA hatte die US-Gesundheitsbehörde FDA im September eine Sicherheitsüberprüfung eingeleitet.

Actos gehört zur selben Medikamentenklasse wie das umstrittene Präparat Avandia des britischen Pharmariesen GlaxoSmithKline. Das Medikament war in Europa ebenfalls vom Markt genommen worden, in den USA gelten scharfe Einschränkungen für die Behandlung. Grund dafür war eine Studie aus dem Jahr 2007, die zu dem Ergebnis gekommen war, dass eine Behandlung mit Avandia gravierende Herzprobleme auslösen könnte. Mit Blasenkrebs wurde Avandia darin jedoch nicht in Verbindung gebracht.


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